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„Blümchen-Sex“

Brauchen wir ein neues Männerbild – Was macht konservative Positionen in der Geschlechterdiskussion, wie die von Norbert Blüm, wieder salonfähig? Ein fehlendes modernes Männerbild?

(ddp direct) In Deutschland tobt untergründig schon länger ein heftiger Kulturkampf um die Rollen von Frau und Mann. Der Konflikt hat bislang nicht zu offenem Hass, aber zu intensiven Gegnerschaften und Feindseligkeiten innerhalb der Gesellschaft geführt – wie etwa in der Debatte rund um das Erziehungsgeld. Die damit verbundenen starken Emotionen, sind im öffentlichen Raum jedoch meist mehr latent zu spüren als dass sie explizit formuliert werden. Dabei stehen sich nicht Frauen und Männer gegenüber, sondern Emanzipations-Fans und konservative Teile der Gesellschaft von beiden Geschlechtern. Das Credo der Emanzipation und Gleichberechtigung von Mann und Frau hat dabei über Jahre hinweg die öffentliche Diskussion dominiert, traf aber schon immer auf die leiseren, aber reservierten Haltungen konservativerer Teile der Gesellschaft.

Nun hat der ehemalige Bundesarbeitsminister Norbert Blüm in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 28. Juli 2013 den konservativen Auffassungen eine Stimme gegeben. Er hat es damit sogar bis zum Aufmacher der Titelseite gebracht. Die Rationalisierungen, mit denen diese konservative Stimme nun arbeitet, haben es in sich. Anhänger der Emanzipation werden quasi ‚links überholt‘: Ihnen wird ein Ausverkauf der Familie an Profitinteressen sowie eine Leugnung natürlicher Geschlechter-Unterschiede vorgeworfen. Sucht man nach den psychologischen Hintergründen für diese Heftigkeit offenbart sich viel Verunsicherung über die Veränderung bei der Männer-Rolle und eine tiefe Sehnsucht nach den guten, alten Rollenzuweisungen der Geschlechter.

„Die Abschaffung von Schwangerschaft und Stillzeit wäre….der Durchbruch zur uneingeschränkten Eingliederung der Frauen in die Erwerbsgesellschaft“, schreibt Blüm. Der Satz ist zunächst ein psychologisches Musterbeispiel für demagogische Wirkungsmuster: Praktisch niemand wird für eine Abschaffung von Schwangerschaft und Stillzeit votieren; die Verbindung mit dem zweiten Teil des Satzes legt nun nahe, dass man dann auch nicht für die uneingeschränkte Erwerbstätigkeit der Frauen sein kann. Andernfalls werde der Ausverkauf der Familie an Wirtschaftsinteressen betrieben. In der Konsequenz wird von Blüm dann mehr oder weniger offen für ein Engagement der Frauen in der Familien- und Erziehungsarbeit plädiert – oder anders formuliert: Für Frauen ist in dieser konservativen Logik vermutlich bestenfalls eingeschränkte Erwerbsarbeit sinnvoll. Tatsächlich finden es aber inzwischen annähernd genauso viele Frauen (46%) wie Männer (50%) wichtig bzw. sehr wichtig, hart zu arbeiten und viel Geld zu verdienen, wie die Oettinger Deutschlandstudie ermittelt hat. Aus Sicht der konservativen Kräfte, höchste Zeit für eine Umkehr in der Geisteshaltung.

Zentraler Ausgangspunkt für die konservative Restauration der Frauenrolle ist letztlich ein fehlendes modernes Männerbild. Die Frauen können aus Sicht der Männer ihre alten Domänen behalten und erobern im Rahmen der Emanzipation auch klassische berufliche Terrains der Männer für sich hinzu. Die Männer tuen sich dabei deutlich schwerer, wie es auch der Beitrag von Blüm deutlich macht: Der alte Patriarch hat danach ausgedient. Aber wie ist es mit dem neuen Mann? Der neue Mann schafft alles, fast alles und stößt dabei an Grenzen: „Möglicherweise die Hauptsachen kindlicher Entwicklung – nämlich „Schwangerschaft und Stillzeit“ – sind etwas, was Männer nicht leisten können. Was macht aber die Männer zu etwas Besonderem? Wie können sie sich gegenüber den neuen Frauen differenzieren? Was sind männliche Vorbilder? Hierauf gibt es nach dem Untersuchungsstand, der rheingold salon vorliegt, keine breit akzeptierten Antworten.

Konservative Stimmen plädieren daher, wie Blüm es tut, in Ermangelung eines solchen modernen Männerbildes für eine Restauration der alten Geschlechterrollen. Der angestrebte idealisierte Umgang der Geschlechter wird dabei so herzensgut inszeniert, als gäbe es nur Blümchen-Sex: Berufstätige Männer bringen altruistisch Geld nach Hause, das sie wie selbstverständlich mit ihren Frauen teilen, während mütterliche Frauen zu Hause ihren Kindern Zuwendungen angedeihen lassen, wie es Vater und Staat nicht können! Der Nährboden für solche konservativen Differenzierungen zwischen den Geschlechtern ist in Ansätzen durchaus – noch – vorhanden: 68% der Frauen finden es wichtig oder sehr wichtig, andere sozial zu unterstützen, aber nur 57% der Männer.

Die Auseinandersetzung mit konservativen Stimmen zeigt: Es reicht nicht, wenn im Rahmen der Emanzipationsbewegung in erster Linie auf die Positionen der Frauen und eine Aufhebung ihrer Benachteiligungen im Berufsleben geachtet wird. Ohne eine positive, moderne Definition der Aufgaben von Männern, werden nicht nur diese immer wieder bremsen und offen für eine Restauration der Geschlechterrollen sein. Wir müssen uns in Deutschland um die Männer kümmern!

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Helena