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Kieferorthopädie für Kinder: Diese Behandlungsmöglichkeiten hat der Facharzt

Zahngesundheit ist von Anfang an ein wichtiges Thema. Schon im frühesten Kindesalter werden die Weichen dafür gestellt, dass die Zähne ein Leben lang gesund und stark bleiben. Neben Problematiken wie Karies und Parodontose gehören Zahnfehlstellungen zu den häufigsten Themen, die Familien schon im Kindesalter beschäftigen. In den meisten Fällen ist es ratsam, Zahnkorrekturen schon früh in Angriff zu nehmen. Die Kieferorthopädie bietet vielfältige Möglichkeiten, um die unterschiedlichsten Fehlstellungen kindlicher Zähne sanft und nachhaltig zu behandeln.

Kieferorthopädie für Kinder ist eine breit aufgestellte medizinische Fachrichtung. Viele Familien führt der Weg früher oder später zu einem Facharzt für Kieferorthopädie oder Kieferchirurgie, denn Experten empfehlen, Zahnfehlstellungen möglichst schon im Kindesalter zu korrigieren. Grundsätzlich werden Behandlungen im Bereich der Kieferorthopädie erst nach dem 9. Lebensjahr begonnen. Ausnahmen bilden Patienten im Kleinkindalter, die Einschränkungen aufgrund einer korrigierten Lippen-Kiefer-Gaumenspalte haben.

Eine Überweisung zum Kieferorthopäden wird in der Regel durch den Kinderarzt oder den behandelnden Zahnarzt ausgesprochen oder empfohlen, wenn diese beispielsweise bei einer Kontrolluntersuchung eine Zahnfehlstellung festgestellt haben, die der Behandlung bedarf.

Die Folgen einer nicht korrigierten Zahnfehlstellung sind unter Umständen nicht nur kosmetischer Art, sie können auch zu chronischen Beeinträchtigungen der Zahngesundheit führen und gegebenenfalls von Schmerzen begleitet werden.

In den meisten Fällen kann eine frühzeitige Behandlung dafür sorgen, dass die erforderlichen Maßnahmen weniger gravierend ausfallen und über einen kürzeren Zeitraum angewendet werden müssen. Außerdem ist das Gebiss im Kindesalter noch sehr wandelbar und viele Zahnfehlstellungen können zu diesem Zeitpunkt noch vollumfänglich und nachhaltig korrigiert werden.

Das sind die häufigsten Zahnfehlstellungen bei Kindern

Die Bandbreite an möglichen Zahnfehlstellungen ist groß und viele Beeinträchtigungen können je nach Veranlagung bereits im Kindesalter auftreten. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung hat einen Katalog mit den häufigsten Zahnfehlstellungen zusammengestellt:

  1. Die vergrößerte Frontzahnstufe

Bei dieser Zahnfehlstellung sind die oberen Schneidezähne nach vorne gebogen und die unteren Schneidezähne sind nach innen gekippt. Diese häufig auftretende Fehlbildung geht häufig auf starkes Daumenlutschen oder einen übermäßigen Gebrauch des Schnullers zurück.

  1. Die Progenie (Vorbiss des Untekiefers)

Diese Zahnfehlstellung ist von einem vorstehenden und nicht selten auch zu großen Unterkiefer charakterisiert. Die Fehlbildung hat zur Folge, dass der natürlich und für das Abbeißen erforderliche Überbiss nicht gebildet werden kann.

  1. Der offene Biss

Bei einem offenen Biss bleibt beim Zubeißen ein Abstand zwischen den Vorderzähnen oder den Seitenzähnen. Besonders häufig ist der offene Biss unter Beteiligung der Vorderzähne festzustellen. Typische Ursachen sind starkes Lutschen an Daumen oder Schnuller oder eine chronische Fehlfunktion der Zunge oder beim Schlucken.

  1. Der Tiefe Biss

In einem gesunden Gebiss sind die oberen Schneidezähne den unteren um etwa zwei bis drei Millimeter vorgelagert. Von einem tiefen Biss sprechen Fachärzte, wenn diese Überlagerung einen deutlich größeren Abstand hervorbringt.

  1. Kieferengstand und Platzmangel im Randzahnbereich

Bietet der Kiefer zu wenig Platz für die gesamte Zahnreihe, kann dies zu schweren chronischen Fehlstellungen führen. Nachrückende Zähne finden dann möglicherweise nicht genügend Platz, beispielsweise beim Wechsel von den Milchzähnen zu den bleibenden Zähnen. Dies kann Fehlstellungen einzelner Zähne zur Folge haben und starke Schmerzen mit sich bringen. Ein Kieferengstand führt außerdem in den meisten Fällen zu einem Zahnengstand, der die gründliche Zahnreinigung erschwert und zu Erkrankungen wie Karies oder Parodontose führen kann.

  1. Verlagerung von Zähnen (Retention)

Diese Zahnfehlstellung wird diagnostiziert, wenn einzelne Zähne nicht durchbrechen und dauerhaft im Kiefer liegenbleiben. Besonders häufig kommt das bei den Weisheitszähnen und den oberen Eckzähnen vor. Auch die oberen und unteren kleinen Backenzähne können von einer Retention betroffen sein. Eine Retention geht häufig mit einem Kieferengstand einher und entsteht, weil die angelegten Zähne nicht genügend Platz haben, um durchzubrechen. Eine Verlagerung einzelner Zähne kann die Kaufunktion beeinträchtigen und sich außerdem nachteilig auf die benachbarten Zahn- und Kieferstrukturen auswirken.

  1. Die fehlende Anlage von Zähnen

Manchmal kann es vorkommen, dass einzelne Zähne im Kiefer gar nicht angelegt sind. Besonders häufig sind die oberen und unteren kleinen Backenzähne betroffen, sowie die seitlichen Schneidezähne im Oberkiefer. Die fehlende Anlage betrifft in der Regel die bleibenden Zähne und wird erst mit dem Ausfallen der Milchzähne erkennbar. Es entsteht an den betroffenen Stellen eine Lücke, die den Kauprozess beeinträchtigen kann und gegebenenfalls zusätzliche Angriffsfläche für Bakterien bietet.

  1. Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte

Die Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gehört zu den häufigsten angeborenen Fehlbildungen des Menschen. In vielen Fällen wird sie schon im frühesten Kindesalter chirurgisch verschlossen. Dies kann dazu führen, dass die Vernarbung das Wachstum des Oberkiefers einschränkt oder ein Kieferengstand zu Durchbruchstörungen einzelner Zähne führt.

Diese Behandlungsmöglichkeiten hat der Kieferorthopäde

Eine Fehlstellung der Zähne oder des Kiefers wird meist bei einer Routineuntersuchung durch den Kinderarzt oder den behandelnden Zahnarzt festgestellt. Diese empfehlen dann häufig eine fachliche Diagnose und Weiterbehandlung durch einen Kieferorthopäden. Bei den meisten Fehlstellungen ist es von Vorteil, wenn die korrigierenden Maßnahmen schon im Kindesalter durchgeführt werden.

Kieferorthopäden steht eine große Bandbreite an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Je nach Diagnose werden sie dabei von Fachärzten aus dem Bereich der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie unterstützt.

Grundsätzlich stehen drei Kategorien von Behandlungsmethoden zur Auswahl:

  • Herausnehmbare Behandlungsgeräte
  • Feste Zahnspangen
  • Non-Compliance-Behandlungsgeräte

Herausnehmbare Behandlungsgeräte sind Zahnspangen, die nicht fest im Mund verankert werden und nicht dauerhaft getragen werden. Diese Variante wird im Kindesalter häufig eingesetzt, um die Kieferstruktur und das Kieferwachstum zu regulieren. Zu den herausnehmbaren Behandlungsgeräten zählen Aktivatoren, Funktionsregler, Dehnplatten, Vorschub-Doppelplatten und Positionierer. Herausnehmbare Behandlungsgeräte bieten den Vorteil, dass sie das natürliche Wachstum des kindlichen Kiefers nicht zu stark einschränken, sondern es sogar unterstützend in die Behandlung miteinbeziehen können.

Durch herausnehmbare Behandlungsgeräte lassen sich zum Beispiel Fehlstellungen einzelner Zähne, eine Verlagerung des Bisses oder Kieferfehlstellungen sanft und nachhaltig korrigieren.

Feste Zahnspangen, im Fachjargon Multibracket-Multiband-Apparatur genannt, werden bei vor allem bei Kindern nach dem 9. Lebensjahr und bei Erwachsenen eingesetzt. Die Möglichkeiten der Korrektur sind dabei äußerst vielseitig. Der Kieferorthopäde klebt kleine Plättchen aus Metall, Kunststoff oder Keramik, die so genannten Brackets, auf die Zähne auf. Über Drahtbögen oder Gummizüge wird nun gezielt Druck auf einzelne Bereiche der Zahn- und Kieferstruktur ausgeübt, um Fehlstellungen zu korrigieren.

Feste Zahnspangen, die über Außenbögen fixiert werden, auch Headgear genannt, finden nur sehr selten und bei schwerwiegenden Fehlstellungen Verwendung. Sie verändern die Optik stark und sind deshalb vor allem für Kinder und Jugendliche oft sehr belastend.

Non-Compliance-Behandlungsgeräte ermöglichen eine Behandlung ohne aktive Mitarbeit. Sie werden fest in den Kiefer eingesetzt und stellen damit eine gerne eingesetzte Alternative zur festen Zahnspange oder dem Headger dar. Manchmal werden Non-Compliance-Behandlungsgeräte auch zusammen mit einer festen Zahnspange eingesetzt, um noch schnellere und umfangreichere Ergebnisse zu erzielen.

Die Unterstützung durch Fachärzte aus dem Bereich der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie wird erforderlich, wenn Fehlstellungen auf eine Verlagerung von Zähnen oder einen Kieferengstand und Platzmangel im Kiefer zurückzuführen sind. Chirurgische Eingriffe können verlagerten Zähnen beim Durchbrechen helfen oder durch die gezielte Entfernung einzelner Zähne dafür sorgen, dass die übrigen Zähne gesund im Kiefer positioniert werden können.

Welche Kosten übernimmt die gesetzliche Krankenkasse?

Für kieferorthopädische Behandlungen fallen je nach Umfang und Dauer der Maßnahmen erhebliche Kosten an. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für Behandlungen, die aus medizinischer Sicht dringend erforderlich sind. Behandlungen nach KIG 3-5 sind zu 100 % erstattungsfähig. Während der Behandlung sind 20 % der Kosten zunächst selbst zu tragen.

Die Kosten für rein kosmetische und nicht medizinisch notwendige Korrekturen von Zahnfehlstellungen müssen Familien in der Regel selbst übernehmen.

 

Bildquellen:

Abbildung 1: @ MEISTERvideo (CCO-Lizenz) / pixabay.com

Abbildung 2: @ guentherbraun0 (CCO-Lizenz) / pixabay.com

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Helena